22.07.2009

Meine Exzesse

In letzter Zeit muss ich mich immer wieder über mich selbst wundern. Mir wird bewusst welch Maßlosigkeit ich mir angeeignet habe. Ich kann nichts mehr in kleinen Dosen genießen, kein vernünftiges Maß mehr finden; ich habe die Balance zwischen Interesse und Obsession verloren.
So wie andere Menschen rauchen oder trinken, so stürze ich mich immer wieder Hals über Kopf in Dinge. Etwas anderes gibt es dann nicht mehr für mich, meine Wahrnehmung, meine Aufmerksamkeit, meine gesamte Zeit wird monoton ausgefüllt.
Im Rückblick entdecke ich die Anfänge dieses Verhaltens bei den Harry Potter Büchern, die ich beim Erscheinen förmlich verschlang. Hatte ich einen Band angefangen blieb er so lange in meinen Händen, bis er fertig gelesen war. Beim siebten und letzten Teil war ich so ungeduldig, dass ich mir die englische Ausgabe kaufte. Am Freitag, gegen sechs Uhr abends begann ich mich an das 607 Seiten starke Werk zu machen. Am Sonntag, gegen Mittag, war ich fertig. Konnte ich mich anfangs noch zusammenreißen und legte das Buch aus der Hand als ich müde wurde und schlief einen ausgiebigen Wochenendschlaf, war das in der zweiten Nacht nicht mehr möglich und ich musste mich förmlich dazu zwingen, für zwei Stunden die Augen zu schließen, weil sie schon brannten und ich kaum noch etwas sehen konnte.

Weitere Beweise?
Ich fing vor gut eineinhalb Jahren zu schwimmen an. Anfangs besuchte ich einmal die Woche den Kurs, hatte Spaß und merkte, wie ich stetig besser wurde. Damit wich der vordergründige Spaß und die Obsession trat anstelle. Ich ging jeden zweiten Tag ins Becken, zog Bahn um Bahn und richtete alle Termine rund um meinen Sport ein, sagte sogar Treffen ab, weil ich schwimmen gehen musste. Dann fuhr ich für sechs Wochen nach Asien, hatte meine Schwimmbrille eingepackt und...benutze sie nicht einmal, ließ sie sogar am Ende auf Ko Phangan zurück. Danach schwamm ich fast ein halbes Jahr keinen Meter mehr. Jetzt schaff ich es vielleicht noch einmal im Monat ins Becken und kraule dort viel entspannter, aber auch viel langsamer durchs Wasser.

In den letzten Wochen folgt ein Exzess dem nächsten. Angefangen bei durchwachten Nächten mit Photoshop und dem Versuch, kreativ zu sein. Weiter gehts mit obsessivem Essverhalten und dem Versuch in möglichst kurzer Zeit jede Ben & Jerry's Eissorte probiert zu haben (was durchaus ein Becher pro Tag bedeuten kann).
Während meiner Reisen bin ich stetig auf der Suche nach gutem Kaffee. Das ging soweit, dass ich acht bis zehn Jumbo-Venti-Extra Large Becher meines schwarzen Glücks trank. Dann entdeckte ich in New York noch den Feinkostladen schlechthin (Dean & Deluca) und nachdem ich dort für unverschämt viel Geld mein Kaffeeglück gefunden hatte, machte ich in jeder Filiale halt und gab wieder ein kleines Vermögen für meine Obsession aus.

Wie man sieht steht der Kaffee sogar vor New Yorker Wahrzeichen im Vordergrund

Immer schneller, immer mehr, immer maßloser. Es wird Zeit für mehr Disziplin, denn ansonsten verliere ich nicht nur immer schneller den Spaß an die Dingen, die mir eigentlich viel Freude bereiten, sondern auch ein Stück Lebensqualität. Darum meine Weisheit des Tages: Disziplin halten ist eine der schwersten Disziplinen im Leben.

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