21.09.2012

Mein erstes Mal

Ich wurde von der Polizei angehalten, als ich mit dem Fahrrad gefahren bin. Ich überfuhr ein Stoppschild. Zur Zierde sind sie nicht, ich weiß. Davon hat mich auch der Polizist überzeugt. Aber es kam doch gar kein Auto  - warum also den Fuß absetzen, dachte ich. Lieber behalte ich mein Tempo. "Haaalt!" rief der Polizist, der schon fünf Meter nach der Kreuzung auf Menschen wie mich wartete. Ihn habe ich natürlich zuerst nicht gesehen, ich hatte ja schon weit im Voraus den Verkehr beobachtet, damit ich mich ohne zu bremsen einordnen konnte. Das nenne ich vorausschauendes Fahren! Aber dem Beamten in Radlerstrumpfhosen sagte ich das nicht, ihn hätte das Argument kaum überzeugt. In Zukunft aber werde ich wohl sowieso nicht mehr sofort nach einer "Nichtbeachtung der StVO" angehalten, jedenfalls wenn ich mit meinem Rad im Ruhrgebiet, genauer gesagt in Münster, unterwegs bin. Dort fahren seit drei Jahren Videofahrräder der Polizei durch die Gegend, um Zweirad-Verkehrssünder zu jagen.
Das Seltsame an diesem Vorhaben: die Kamera wird erst eingeschaltet, wenn der Radpolizist einen Verstoß dokumentieren will. Jeder Radfahrer darf also mindestens ein Mal über Rot fahren, bevor der Polizist die Kamera für den Verstoß einschalten darf, den er "dokumentieren will", mindestens ein Stoppschild überfahren, mindestens einen Fußgänger touchieren. Daraus folgere ich: der Polizist hält mich erst nach einem zweiten Delikt an. In Zukunft fahre ich also zuerst über die rote Ampel und danach übertrieben ordnungsgemäß, so wie der Autoführerscheinprüfung. Erst, wenn ich meine, dass der Polizist, der mich gerade von hinten filmt, das Interesse verloren hat, weil ich ja fahre wie ein Streber, fahre ich wieder normal weiter. Zeit für den nächsten Fußgänger.

04.08.2012

Meine Metapher


Wer Probleme hat, geht zum Therapeuten. Andere laufen. Nicht zum Therapeuten, meine ich, sondern sie gehen laufen, also, sie laufen nur, zuerst weg und dann wieder zurück. Ach herrje, das fängt ja gut an. Ich spreche vom Joggen. Jedenfalls bin ich weder ein regelmäßiger Läufer noch verfolge ich ein Trainingsziel. Aber ich verstehe sie, die regelmäßigen Läufer - die eventuell auch ein bestimmtes Ziel verfolgen. Es ist so: einfach. Puristisch, ursprünglich, menschlich. Beim Laufen mache ich nichts anderes als sonst, wenn ich mich fortbewege, nur mache ich es schneller. Einen Schritt vor den anderen. Du bist auf dich allein gestellt, und du stellst dich dir selbst und deinen schwachen Teilen, in Körper und Geist. Beim Laufen machen wir einen Schritt nach dem anderen, hören nicht auf, bis wir angekommen sind. Wie im Leben.

24.07.2012

Mein Glück


Ich habe mich sehr oft gefragt, warum ich eigentlich einen Blog habe. Warum schreibe ich Gedanken, die mich beschäftigen, Dinge, die mich bewegen, in ein digitales Tagebuch für alle Welt zum Lesen?
Ist es der mir inhärente Exhibitionismus,der den Akademiker-Ausgang, das endlose selbstbezogene Geschwafel in der Anonymität des Internets, sucht? Oder ist es der Versuch einer Passion eine Plattform zu geben? Ich weiß, dass ich gerne schreibe, sehr gerne sogar. Um eine Meinung bin ich zudem auch selten verlegen - was mir fehlt ist Disziplin. Und ein Plan. Nicht nur von dem, was ich eigentlich sagen will, sondern warum und wem eigentlich.

Was jeder Blogger sehr schnell erfähr: du bist nicht allein. Selbst wenn man sehr vorsichtig schätzt und Blogger wie mich, die nur sehr unregelmäßig Artikel posten, abzieht, ist man noch in einem Millionenbereich, der, würde er sich auf meinem Konto befinden, mir ein angenehmes restliches Leben verschaffen könnte.
Um Aufmerksamkeit kann es mir also nicht gehen. Ich erinnere mich noch sehr genau, wie ein sehr guter Freund mich immer aufgefordert hat zu schreiben. Und auch daran, wie ich, zornig und unzufrieden wie ich oft war, ein Weg suchte, diesem Ärger, diesem Gefühlsstau in mir Luft zu verschaffen.
Der zweite Grund waren meine Reisen durch die Welt und die Bequemlichkeit, die ein Blog bei solch einer Unternehmung mit sich bringt. Kurze Berichte und Bilder für die daheimgebliebenen, Momente der Reflexion für mich.
Der dritte Grund zur Berechtigung wollte ich mit losen Musikempfehlungen und -rezensionen schaffen.

Wenn ich jetzt allerdings zurückblicke, sehe ich: das Schreiben war und ist immer auch ein Moment der Katharsis gewesen. Sehr oft war ich unglücklich, oder zumindest unzufrieden oder einfach nur allein. In meinem Kopf ist mein Leben oft viel einfacher und Probleme lassen sich lösen. Wenn es aber im Leben nicht klappt, die Umsetzung der eigenen Logik einfach nicht funktioniert - in solchen Momenten hab ich mich hingesetzt und geschrieben.
Darum hab ich diesen Blog. Und nutze ihn nicht mehr? Nutze ihn nicht mehr dafür! Weil ich weder zornig noch unglücklich, unzufrieden oder alleine bin. Weil ich glücklich bin!

Dieser Blog ist tot - es lebe dieser Blog!

07.10.2011

Meine Wahl II


Man muss wissen, was man will und dass man will.
                                                        Friedrich Nietzsche, Götzen-Dämmerung

Ich muss mich entscheiden, nein ich sollte mich entscheiden, kann es aber nicht. Oder will es nicht. Vielleicht kann und will ich es auch nicht.
Ich habe die Wahl zwischen zwei Alternativen - keine ist perfekt, keine erfüllt alle Anforderungen, beide sind reizvoll, beide sind herausfordernd.
Wie soll ich mich also entscheiden? Eine Pro- und Contra-Liste machen? Beides ausprobieren? Mich vielleicht gar nicht entscheiden sondern für mich entscheiden lassen?
Wähle ich, was gut für mich ist oder was ich gerne haben möchte?

Was für ein Dilemma: Ich weiß, dass ich will, aber nicht, was ich will!

26.09.2011

Meine Weisheit des Tages IV


Ich stehe vor einem gordischen Knoten und weit und breit ist kein rettendes Schwert. Was soll man tun, wenn Verstand und Gefühl wie Wasser und Fett ohne Emulgator sind? Wenn das Über-Ich das Ich nicht auf seine Seite ziehen kann und das Es sich wohlig von der Körpermitte aus verbreitet?
Erlaubt man sich dieses Oxytocinhoch unter der Bedingung der Ferne? Oder verzichtet man um den Preis zwischenmenschlicher Entfremdung?
Wo ist die Toilette auf dem Dach, wenn man sie braucht?

Meine Weisheit des Tages ist darum: machmal ist die richtige Frage schon die Antwort.