17.12.2009

Mein Prä-Weihnachtsmusikbonbon

Besinnlich ist es geworden. Und kalt dazu. Während die schönsten Eisblumen am meinem Küchenfenster wachsen und ich zu frühen Morgenstunden meinen Kaffee trinke, nebenbei durch die Zeitung blättere...in diesen ruhigen Momenten, am Anfang eines Tages, wenn alles noch möglich ist, möchte ich sanft und wohlig in den Tag starten.
Sylvain Chauveau lässt einen behutsam mit seiner Stimme und seiner absolut nötigen und wundervollen Coverversion von Depeche Modes' 'Never let me down again' in die letzten Tage vor Weihnachten gleiten.
Ich rate dazu einfach sein Lied auf repeat im nächsten Konsumgewühl zu hören.

download Sylvain Chauveau "Never let me down again" von seiner 2007er CD 'Down to the Bone - An Acoustic Tribute to Depeche Mode: Japanese Edition' auf Nature Bliss.
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08.12.2009

Mein Brief an Berlin

Seit einem Jahr haben wir, meine lieben Leser, nun schon das Vergnügen miteinander. Dieses Blog begann mit großer Aufregung. Ich meckerte, war misanthropisch und die meiste Zeit tendenziell übel gelaunt. Nicht dass ich mich daran gestört hätte, aber dennoch änderte ich mich in den vergangenen zwölf Monaten. Sanftmütig und besonnen bin ich zwar bis heute noch nicht, aber mein letzter kritisch-anklagender Blick auf die Gesellschaft, das Leben und alles liegt schon weit zurück.
Da trifft es sich gut, dass ich in Berlin gelandet bin. Angetreten mit dem Vorsatz, dem vermeintlich ungehobeltem, unhöflichem Berliner durch stetes Lächeln und höfliches Verhalten ebensolches zu entlocken, bin ich gescheitert. Zeit, endlich mal wieder aus tiefster Seele meinem Unmut Luft zu machen.

Punkt I: Die Berliner Fahrradmafia
Den nächsten, den ich meinem Radl auch nur mehr als einen bewundernden Blick zuwerfen sehe, wird als Vogelfreier behandelt. Ich lass es mir nicht mehr gefallen als fahrendes Ersatzteillager missbraucht zu werden!

Punkt II: Die Berliner Autofahrer
Gebt ihr euren Führerschein an der Stadtgrenze ab? Innerhalb von zwei Tagen landete ich vier mal fast auf einer Motorhaube, weil selbst simple Vorfahrtsregeln nicht beherrscht oder schlichtweg ignoriert werden. Wenn das so weiter geht mach ich euch bald den Pete Doherty und bringe euren Scheiben die Schönheit von Biergläser näher.

Punkt III: Zeitungs- und Paketzusteller in Pankow
Ich will meine Post bekommen! Pünktlich, regelmäßig und ohne ihr ständig hinterher telefonieren zu müssen. Und Benachrichtigungskarten im Briefkasten wären auch mal toll…

In diesem Sinne: frohe Weihnachten aus der Meckerecke.

23.11.2009

Meine Weisheit des Tages III

Briefe bewahrte man wie einen Schatz auf, holt sie Jahre später aus einer verstaubten Kiste und liest sie mit einiger Verwunderung.
Diese Reise in die Vergangenheit wird zunehmend schwieriger, denn nur selten wird der Stift noch in die Hand genommen, werden die Gedanken und Gefühle, die Ereignisse und Nichtigkeiten des Alltages zu Papier gebracht.
Stattdessen werden tausende kurzer Nachrichten durch die virtuelle Welt geschickt, veröffentlicht man seine Gedanken und Erlebnisse an digitalen Hauswänden.

Kürzlich begann ich die elektronische Korrespondenz, die ich mit einem Freund führe, zu archivieren. Ab und zu las ich eines unserer e-mail Gespräche und stolperte über bereits vergessene Blüten unseres geistigen Austausches. Nur wenige Tage danach fand ich eine dieser Epiphanien in seinem Blog wieder. Meine Nietzsche-Antwort damals und heutige Weisheit des Tages:
Der Witz ist das Epigramm auf den Tod eines Gefühls.

12.11.2009

Mein Tauchausflug mit Grizzly Bear

Seit gestern Abend schwebe ich auf Wolke vier, bin entzückt und entrückt und ein noch mehr verliebt in Grizzly Bear als davor.
Den Postbahnhof verwandelten sie in ein Aquarium, in dem man mit den sphärisch hallenden Männerchorgesängen förmlich durch die knapp 100 Minuten schwebte. Betörend schön zerbrechliche Stimmen, mächtig krachenden Gitarren und ein interessantes Bühnendesign. Dazu ein Publikum, dass sich sofort begeisterte und mit St. Vincent eine Ein-Frau-Vorband, die mit vielen Loops und noch mehr Einspielinstrumenten waghalsige Songberge schuf.
Von den Höhen hinab in den Bärensee - so und nicht anders muss ein perfekter Konzertabend sein.

Zum nachhören gibt es Grizzzly Bear zum download: "On A Neck, On A Spit" vom 2006er "Yellow House" Album, "He Hit Me (And It Felt Like A Kiss)" von der 2007er "Friends EP" und "Cheerleader" vom 2009er Album "Veckatimest", alles auf Warp Records.

Und noch ein gelunges Grizzly Bear Cover: Pivot mit ihrer Version von "Colorado", erschienen 2009 auf "Warp20", ebenfalls Warp Records.
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11.11.2009

Meine Stillosigkeit

Ich las einmal, dass, um seinen eigenen Stil zu finden (und die Wohnung nicht wie eine Kopie des Ikea-Kataloges aussehen zu lassen), man nur mit Tisch Bett und Stuhl umziehen sollte. Mehr brauche man am Anfang nicht. So erhält man die Möglichkeit sich bewusst(er) einzurichten und keine standardisierte Coolness zu kaufen.
Ich bin mit viel mehr umgezogen und kenne mich mittlerweile (leider) viel zu gut im Ikea Katalog und in der Tempelhofer Filiale aus.
Vier (oder waren es sogar fünf?) Besuche in fünf Wochen und ein paar hundert Euro ärmer habe ich mich stilecht stillos eingerichtet.
Doch jetzt ist Schluss damit. Keine kurzen Ausflüge mehr (die in Wahrheit nie kurz waren sondern meistens mindestens drei Stunden dauerten), kein Einkauf von unnötigem Dekozeugs und Küchenutensilien.
Warum ich so sicher bin?
Weil Technik mich verführte und erzog.

Es gibt in der besagten Ikea Filiale nämlich Selbstkassierer-Kassen, an denen man mit Barcodescanner und Karte selbständig seine Waren abkassiert.
Als technikliebender Mensch stand ich natürlich an solch einer Kasse und folgte den Anweisungen, unterschlug es auch nicht den Einkaufsbeutel einzuscannen, ging glücklich (und viel ärmer als geplant) zur S-Bahn zurück. Als ich saß und ein Blick auf den Kassenzettel warf wurde mir auf einmal ganz heiß, ich hatte ich es schwarz auf weiß: ich hatte vergessen einen Artikel zu bezahlen. Und nicht einen kleinen Blumentopf oder eine Kerze. Nein, ich hatte den zweitgrößten Artikel, einen Korb, vergessen. Mit hochroten Ohren überlegte ich kurz, auszusteigen und mein Versehen zu melden.
Ich tat natürlich nichts dergleichen. Nur zu Ikea trau ich mich erst mal eine Weile nicht mehr.

22.10.2009

Meine neue Liebe

‚Love is possible‘ las ich kürzlich an einer Hauswand im Prenzelberg. Als Enkelin der Nihilisten, als von Nietzsche geprägter ‚happy pessimist‘ wäre mein natürlicher Impuls gewesen dies mit ‚Liebe ist unmöglich!‘ zu kommentieren. Vor einigen Tagen wurde ich aber eines besseren belehrt: die Liebe hat mich gefunden, nicht ganz unerwartet, aber doch überraschend.
Mit klopfendem Herzen betrat ich das Zimmer 112: Unter einem Berg von Decken und Tüchern sah ich zuerst eine Nase, dann zwei winzige Hände, die mich sprach- und atemlos machten.
‚Love is possible, immediately!’ halte ich jetzt an dieser virtuellen Hauswand fest.

14.10.2009

Nostalgie

Ich bin nostalgisch. Seit einer nunmehr zweistelligen Anzahl an Tagen bin ich in Berlin. Man missverstehe mich nicht - ich finde es hier großartig und bereue es nicht, hierher gezogen zu sein. Aber manchmal, ja manchmal denke ich sehnsüchtig zurück an meine Heimat der letzten sieben Jahre. An die kurzen Wege, die übersichtliche Beschaulichkeit, die Vertrautheit.

Gestern fand ich zum ersten Mal meine Magisterarbeit im Katalog der Uni-Bibliothek, heute lag eine Einladung anlässlich der "feierlichen Übergabe der Urkunde" meines Studienganges in meinem physischen Briefkasten. In meinem Online-Äquivalent fand ich eine Einladung zu einer Lüneburger Party, auf der man mir (und anderen) danken wollte für unermüdliches und selbstloses Engagement.
Gerade komme ich von meinem ersten Sportkurs in der Hauptstadt zurück und möchte dort eigentlich nie wieder hingehen müssen. Innerliche weine ich um meine vertrauten und hochgeschätzten Vorturner. Ich will mich nicht wie in der Schule fühlen müssen wenn ich mich anstrenge. Ich möchte nicht die Hälfte der Zeit dumm im Kreis laufen und rückengefährdende Übungen auf stinkenden Matten machen müssen zu schrecklicher Musik von Billy Talent.

Es gibt für jeden scheinbar nur ein begrenztes Kontingent an positiven Studienerfahrungen. Meines ist, zumindest was den Sport angeht, scheinbar aufgebraucht.

Wie gut, dass diese Stadt so viel mehr zu bieten hat.

04.09.2009

Meine jugendliche Weisheit

"Anstatt mir Gedanken über die Situation zu machen, schickte ich Fragen auf Rundreise durch mein Gehirn. Nach einer Stunde hätten sich ganze Fluggesellschaften gegründet."

"Der Mensch ist unfähig lange in Stille und Dunkelheit, alleingelassen mit sich selbst, zu überleben. Irgendwann kehrt jeder in sich selbst ein und ist erschüttert über den Zustand seines Inneren."

...schrieb die Zeitzeugin vor mehr als 7 1/2 Jahren in einem Essay für den Deutsch-Unterricht.

02.09.2009

Mein Klang der Stille

Jeder ist auf der Reise. Sei es zu sich selbst, in den Urlaub oder durchs Leben. Kaum angekommen geht es unbemerkt weiter.

Im Durchschnitt hat ein Deutscher 30 Tage (bezahlten) Urlaub im Jahr. Zeit, in der jeder das tut, was ihr/ihm die vermeintlich größtmögliche Erholung bereitet. Aber auch Zeit um sich und die Welt wieder und weiter zu erkunden, entdecken und erleben.

Ich war dieses Jahr bereits 66 Tage auf Reisen, unbezahlt natürlich. Nach einem Grund gefragt führe ich gerne meine jetzige Übergangssituation zwischen Studium und Berufsleben an, meine lange Liste mit Orten, die ich gerne gesehen habe möchte, sowie die Weltwirtschaftskrise die erstens die Suche nach einer Arbeitsstelle unnötig erschwert und zweitens die europäische Währung so gut dastehen lässt, dass es so günstig wie nie ist in die Ferne zu schweifen.
Soweit zu der extrinsischen Motivation. Über innere Beweggründe berichtete ich bereits.

Naturgemäß fängt man fernab der Heimat an genauer zu beobachten, ist sinnlich empfänglicher. Neue Gerüche, Geschmäcker und Klänge stimulieren und erwecken mich besonders.
Doch während Gerüche schnell wieder verflogen sind und der Geschmack der Ferne, der für eine Weile noch durch Importiertes substituiert werden kann, dann aber zusehends verwässert, bleiben die Geräusche.
Das mag damit zu tun haben, dass ich ein eher akustisch fixierter Mensch bin und gute als auch schlechte Erinnerungen größtenteils mit Musik assoziiere. Daher habe ich natürlich auch immer Musik auf meinen Reisen dabei und die Auswahl für eine Zehntagesreise kann durchaus vierzehn Tage in Anspruch nehmen.
Was ich aber nach meiner Rückkehr aus Island erkannte: mehr als meine Musik genoss ich dort die Stille der Natur. Das Land ist auffällig und unglaublich ruhig. Selbst in der Hauptstadt Reykjavik geht es (zumindest am Tag) vergleichsweise beschaulich vonstatten.
Vor Ort war es mir nicht aufgefallen, aber als ich in Lüneburg ankam, diesem eher kleinen und tendenziell verschlafenem Städtchen, merkte ich, wie rasch ich mich an den Klang der Stille gewöhnt hatte: alles erschien mir unglaublich laut und dadurch auch hektisch. Die Kinder schrien lauter, die Fahrradklingeln läuteten schriller, der Autoverkehr rauschte bedrohlich.

Wie schnell man doch wieder sensibilisiert wird - ich erinnere mich nämlich noch wie himmlisch ruhig, wie ein Balsam für meinen strapazierten Hörnerv, mir die Stadt nach meiner Rückkehr aus New York vorkam.


Für mehr Ruhe für lärmgeplagte Stadtohren und eine (Hör)Reise ins wundervolle Island empfehle ich Ólöf Arnalds und Ólafur Arnalds.

Ólöf bezaubert mit ihrer minimalistisch instrumentierten Musik und einem Gesang, der an Joanna Newsom oder CocoRosie erinnert. "Klara" ist für mich ein Reisebrückenschlag: es erinnert mich an asiatische Gesänge, ist aber gleichzeitig ruhig, weit und fantastisch wie die Landschaft Islands.

download Ólöf Arnalds "Klara" vom 2007er Album "Við og við" auf 12 Tónar. (Ólöfs Album wurde übrigens von Sigur Rós Keyboarder Kjartan Sveinsson produziert)


Ólafur Arnalds verzaubert mit klassischer Schönheit. Die Weite, die er mit seiner fast sinfonisch anmutenden Musik schafft, wirkt wie ein akustisches Foto seiner Heimat. Mit Klavier und Geige schafft er eine märchenhaft schwebende Atmosphäre, in der man sich zurücklehnen kann und fast meint, wieder in urtümlichen Basalt- und Lavalandschaften Islands zu sein, über denen das Aurora borealis sein magisches Licht verbreitet.

download Ólafur Arnalds "Faun" und Ólafur Arnalds "Ljósið". Beides von seinem 2009er Album "Found Songs" auf Erased Tapes.

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26.08.2009

Meine Sommerpause

Nach einer schöpferischen Sommerpause geht es nach meiner Rückkehr aus Island hier wieder regelmäßig weiter.

Tjörnin-See in Reykjavik

22.07.2009

Meine Exzesse

In letzter Zeit muss ich mich immer wieder über mich selbst wundern. Mir wird bewusst welch Maßlosigkeit ich mir angeeignet habe. Ich kann nichts mehr in kleinen Dosen genießen, kein vernünftiges Maß mehr finden; ich habe die Balance zwischen Interesse und Obsession verloren.
So wie andere Menschen rauchen oder trinken, so stürze ich mich immer wieder Hals über Kopf in Dinge. Etwas anderes gibt es dann nicht mehr für mich, meine Wahrnehmung, meine Aufmerksamkeit, meine gesamte Zeit wird monoton ausgefüllt.
Im Rückblick entdecke ich die Anfänge dieses Verhaltens bei den Harry Potter Büchern, die ich beim Erscheinen förmlich verschlang. Hatte ich einen Band angefangen blieb er so lange in meinen Händen, bis er fertig gelesen war. Beim siebten und letzten Teil war ich so ungeduldig, dass ich mir die englische Ausgabe kaufte. Am Freitag, gegen sechs Uhr abends begann ich mich an das 607 Seiten starke Werk zu machen. Am Sonntag, gegen Mittag, war ich fertig. Konnte ich mich anfangs noch zusammenreißen und legte das Buch aus der Hand als ich müde wurde und schlief einen ausgiebigen Wochenendschlaf, war das in der zweiten Nacht nicht mehr möglich und ich musste mich förmlich dazu zwingen, für zwei Stunden die Augen zu schließen, weil sie schon brannten und ich kaum noch etwas sehen konnte.

Weitere Beweise?
Ich fing vor gut eineinhalb Jahren zu schwimmen an. Anfangs besuchte ich einmal die Woche den Kurs, hatte Spaß und merkte, wie ich stetig besser wurde. Damit wich der vordergründige Spaß und die Obsession trat anstelle. Ich ging jeden zweiten Tag ins Becken, zog Bahn um Bahn und richtete alle Termine rund um meinen Sport ein, sagte sogar Treffen ab, weil ich schwimmen gehen musste. Dann fuhr ich für sechs Wochen nach Asien, hatte meine Schwimmbrille eingepackt und...benutze sie nicht einmal, ließ sie sogar am Ende auf Ko Phangan zurück. Danach schwamm ich fast ein halbes Jahr keinen Meter mehr. Jetzt schaff ich es vielleicht noch einmal im Monat ins Becken und kraule dort viel entspannter, aber auch viel langsamer durchs Wasser.

In den letzten Wochen folgt ein Exzess dem nächsten. Angefangen bei durchwachten Nächten mit Photoshop und dem Versuch, kreativ zu sein. Weiter gehts mit obsessivem Essverhalten und dem Versuch in möglichst kurzer Zeit jede Ben & Jerry's Eissorte probiert zu haben (was durchaus ein Becher pro Tag bedeuten kann).
Während meiner Reisen bin ich stetig auf der Suche nach gutem Kaffee. Das ging soweit, dass ich acht bis zehn Jumbo-Venti-Extra Large Becher meines schwarzen Glücks trank. Dann entdeckte ich in New York noch den Feinkostladen schlechthin (Dean & Deluca) und nachdem ich dort für unverschämt viel Geld mein Kaffeeglück gefunden hatte, machte ich in jeder Filiale halt und gab wieder ein kleines Vermögen für meine Obsession aus.

Wie man sieht steht der Kaffee sogar vor New Yorker Wahrzeichen im Vordergrund

Immer schneller, immer mehr, immer maßloser. Es wird Zeit für mehr Disziplin, denn ansonsten verliere ich nicht nur immer schneller den Spaß an die Dingen, die mir eigentlich viel Freude bereiten, sondern auch ein Stück Lebensqualität. Darum meine Weisheit des Tages: Disziplin halten ist eine der schwersten Disziplinen im Leben.

13.07.2009

My Brooklyn Sound

This entry is result and vital reminiscence of my most recent trip to New York. In advance I planed to hear and see some live performances. By chance I discovered Casiotone for the Painfully Alone. Apart from the absolutely stunning band/project name his music sounds refreshingly new and innovative to my easily bored ears. A wild mix of (solely by a drum machine and keyboards generated) sounds and the sometimes clear and vibrant, sometimes electronically blurred voice of Owen Ashworth aka Casiotone For The Painfully Alone create an amazing listening experience.
As a plus: you can listen to his lyrics, in which he tells lovestories and everyday life occurrences. No strange factitious lines in order to prove his artistic genius - but great observation skills.

I got the chance to see Casiotone for the Painfully Alone at Market Hotel in Brooklyn. It was quite an experience due to the very authentic location and motley crew which came along with me.
I like the music even more after seeing him performing.
Here's your chance to get to know an extraordinary artist.

download Casiotone For The Painfully Alone - “Old Panda Days” from the 2009 "Advance Base Battery Life" album on Tomlab

download Casiotone For The Painfully Alone - "Bobby Malone Moves Home" from the 2006
"Etiquette" album on Tomlab

(download: right mouse-> save to)

12.07.2009

Mein Respekt

In den letzten zwei Wochen gab es DAS eine Thema - Agenda Setting at its best.
Und so sehr ich mich auch globalisierter Nachrichtenkonformität entziehen möchte, es war mir nicht möglich. Natürlich geht es um Michael Jackson. Und war ich am Anfang ein wenig verwirrt ob seines plötzlichen Ablebens und meiner einsetzenden Sentimentalität (schließlich war 'Black or White' am Anfang meiner MixTape Verusche immer mit dabei, denn die NDR2-Hitparade spielte es ständig), war ich doch auch genauso schnell genervt von dem Hype, der auf einmal alle Medien erfasste. Plötzlich war er der Gutmensch, der Philanthrop schlechthin. Wurde noch eine Woche vorher höhnisch über seine Versuche einer Abschiedstournee gelästert, war er mit dem Moment seines Todes nur noch der 'King of Pop'.
Falsche Medienschlangen, dachte ich mir (und sah dann doch die ein oder andere Dokumentation über ihn und schwelgte währenddessen mit meiner Schwester in Kindheitserinnerungen).
Dann, knapp eine Woche nach seinem Tod, kam ich in New York an und begann ganz langsam zu verstehen, warum es auf einmal diesen Hyper-Hype gab. Mein Hostel lag in Harlem, nur vier Blocks von dem legendären Apollo-Theater entfernt. Davor waren Devotionalienverkäufer dabei, das Geschäft ihres Lebens zu machen. Aber das änderte nicht meine Einstellung.
Vielmehr geschah dies im Alltäglichen, also bei Einkäufen und beim Essen. An den Kassen standen fast ausschließlich Afro- oder Lateinamerikaner (abgesehen natürlich von den feinen Läden auf der 5th oder Park Avenue). Bei Subway, Starbucks, Dunkin' Donuts etc. dasselbe Bild: keine Weißen an den Kassen. Die trashy jobs werden nicht vom weißen Amerikaner ausgeführt.
Nun ist es aber so, dass mit Michael Jackson der erste schwarze Künstler in allen Bevölkerungs- und Einkommensschichten Erfolg hatte, dass er sogar der erste WeltsuperÜberstar war und damit der Black Community ein neues Selbstbewusstsein vermittelte: man war jemand, denn schließlich kam dieser geniale Musiker aus ihren Reihen, war einer von ihnen. Ich denke mittlerweile, dass es ohne Michael Jackson heute noch viel ausgeprägteren Rassismus in den Staaten geben würde und dass die Nicht-Weiße Community mit ihm ihr Idol verloren hat.
Darum zolle ich meinen Respekt und sehe dem Medienhype etwas besänftigter, denn sie ehren einen Mann, der es schaffte, Grenzen einzureißen und Menschen auf die schönste Art miteinander zu verbinden: durch Musik.

03.07.2009

Von globalisierter Trauer

Mein dritter Tag in der vermeintlichen Hauptstadt der Welt geht zu Ende und bei näherer Betrachtung ist der 'melting pot' der Kulturen auch ein Schmelztiegel meiner bisherigen Reiseerlebnisse: meine Füße schmerzen wie während eines Rom-Aufenthaltes, wie in Bangkok bietet sich mit jedem verlassen des Hostels ein anderer Eindruck der Stadt, wie in Kambodscha treffe ich jeden Tag neue Menschen aus der ganzen Welt, wie in Florenz muss ich feststellen, dass es angenehmer ist, sich sein Zimmer mit Männern denn mit Frauen zu teilen. Wie zu Hause fühl ich mich, wenn ich im Bett liegend, aus dem Fenster schaue und eine mit Efeu bewachsene Hauswand sehe.
Alles also altbekannt und nichts neues? Mitnichten! Es ist nicht nur die die pure Größe der Stadt, sondern auch ihr Tempo die mich beeindrucken. Vor allem hinterlassen ihre Bewohner Eindruck. In Harlem findet das Leben scheinbar noch auf der Straße statt - ganze Familien sitzen auf den Bürgersteigen, es wird Schach gespielt, Springseil gesprungen, musiziert und gelebt. In Downtown Manhatten hetzen Anzugträger genervt an einem vorbei, stehen die Raucher wie Ausgestoßene neben den Hauseingängen und ziehen hastig an ihrer Zigarette, im Trump-Tower herrscht der schlechte Geschmack in Form von rosa Marmor. Aber eins eint die Stadt in diesen Tagen: die Trauer um Michael Jackson. Während es in keinem der von mir auf der 5th Avenue aufgesuchten Plattenläden (und es waren nicht wenige) noch eine CD von Jackson zu finden war 
wird in Harlem dem 'King of Pop' sehr viel unvermittelter gedacht: aus den vorbeifahrenden Autos dringt ausschließlich seine Musik, vor dem Apollo Theater wird seit Tagen alles mit Widmungen und Liebesbekundigen beschrieben, was beschreibbar ist.
Gestern (ver)sammelten sich seit den frühen Morgenstunden Fans vor dem Theater um am Abend an einer memorial-Veranstaltung zu seinen Ehren teilzunehmen.
Überall sieht man Banner wie diesen mit denen die New Yorker ihre (wiedergefundene) Liebe zu Michael Jackson ausdrücken.
Und während sie in alten Gefühlen schwelgen, gebe ich mich einer neuen Leidenschaft hin: New York.

22.06.2009

Von den Vorzügen der Werbung

Fernsehwerbung ist im Normalfall nervig und stört. Aber manchmal, manchmal beweisen die Art Direktoren der verantwortlichen Agenturen, dass sie mehr können als Pseudo-Promis Grillwürste in die Kamera halten zu lassen.

Gelungen ist Werbung für mich immer dann, wenn ich am liebsten sofort in den nächsten Plattenladen laufen möchte um die CD zu kaufen.

Aktuelles Beispiel: Toyota, die mit "Love You" von Free Design einen bezaubernden Song aus den Untiefen der Pop-Geschichte revitalisiert haben.

Und so ging es mir auch beim Sony Bravia-Spot, in dem José González mit "Heartbeats" verwendet wurde:

Über den Umweg der Werbung fand ich dann The Knife, von denen "Heartbeats" im Original stammt. Weiter gehts auf den verschlungenen Pfaden der Pop-Musik: The Knife sind ein schwedisches Geschwister-Duo, dessen singende Hälfte Karin Dreijer Andersson in diesem Jahr unter dem Pseudonym Fever Ray ihr erstes, großartiges, Soloalbum veröffentlicht hat.

Anknüpfend an den Sound von The Knife steigt sie noch tiefer in dunkle, schwermütige Welten hinab.

Auch wenn es alles andere als sommerlich beschwingt auf diesem Album zugeht - auf mein Sommer MixTape schafft es Fever Ray trotzdem mühelos. Denn wenn man nach 12 Stunden Sonnenschein den Mond sieht und nachdenklich wird, ist Karin Dreijer Andersson mit ihrer hypnotischen Stimme wie ein Hall, der einen den Weg in und durch das eigene Gedankenlabyrinth weist.

(download Fever Ray "Keep The Streets Empty For Me" vom 2009er Album Fever Ray auf Cooperative Music)

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17.06.2009

Mein Sommer MixTape I

Ein paar längst fällige Überarbeitungen des Blogs fanden in den letzten Tagen statt. Neben dem neuen Außenanstrich wird auch inhaltlich Neuland betreten und einer meiner Leidenschaften gehuldigt: der Musik.

Da ich glaube, dass jeder gerne Musik hört, aber nur die wenigstens die Zeit oder vielleicht auch Muße haben, sich durch das unerschöpfliche Angebot von Podcasts und Download-Angeboten durchzuhören, werde ich ab heute regelmäßig eine kleine Werkschau hier veröffentlichen. Dabei bin ich bemüht immer Links zum legalen Download zu posten. Wenn die nicht mehr funktionieren sollten oder der Song aus den Untiefen meiner Musiksammlung hervorgezaubert wurde und darum nicht im Netz zu haben ist - der Plattenhändler eures Vertrauens hilft bestimmt weiter.
Den Anfang machen zwei Songs, die auf meinem Sommer MixTape einen Platz sicher haben


Wussy - Muscle Cars

Der Bandname ist herrlich uneitel und ebenso grundehrlich und charakterstark rumpelt "Muscle Cars" über die Straßen - wie es ein gutes amerikanisches Muscle Car eben auch tun sollte.

(download Wussy - "Muscle Cars" vom 2009er Album "Wussy" auf Shake It Records)


Akron/Family - River
Ein wenig gelassener schütteln Akron/Family den Schellenring und rechnen vor, dass You and I and a flame make three. Schönste Sommerabend-Musik mit Blickrichtung See oder Meer.

(download Akron/Family - "River" vom 2009er Album "Set 'Em Wild, Set 'Em Free" auf Dead Oceans)

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11.06.2009

Mein Teebeutelorakel

Es gab Zeiten, in denen ich in unregelmäßiger Regelmäßigkeit Horoskope in Zeitschriften las. Nicht weil ich an ihre prophetischen Kräfte glaubte, sondern weil sie mich unterhielten.
Da sich meine jetzige periodische Lektüre nicht solch profaner Seitenfüller bedient, bleibt mir dieses Vergnügen nur noch etwa alle sechs Monate vorbehalten, wenn ich Zeit und Geld für einen Friseurbesuch finde. Die drei bis vier Stunden sind, neben dem Versuch äußerliche Gefälligkeit herzustellen, der intensiven Lektüre der Yellow-Press gewidmet, inklusive eines ausführlichen Studiums der Vorhersagen der Sterndeuter.
Und da ich Horoskope so selten lese, sagen sie mir jedes Mal das Gleiche, was sich dann etwa so anhört:

Love & Friends

Venus und Mars stehen jetzt in Ihrem Zeichen. Da ist es kein Wunder, dass Sie bei dem anderen Geschlecht so begehrt sind. Für Singles ist das eine gute Gelegenheit, um ihren Traumpartner zu finden. Ein kurzer Blick, und schon ist ein Flirt im Gang.

Job & Cash

Sie haben ein paar richtig gute Ideen und können sich nun an deren Umsetzung machen. Gehen Sie trotzdem mit Ruhe und Bedacht vor und behalten Sie die Dinge vorerst noch für sich. Unter der aktuellen Zwillinge-Energie macht das sonst schnell die Runde, was nicht unbedingt ein Vorteil sein muss.

Fitness & Feeling

Sie könnten Bäume ausreißen, so fit sind Sie. Das ruft doch geradezu nach einem aktiven Freizeitprogramm, in dem der Sport nicht fehlen darf. Wenn Sie stattdessen am Wochenende in Ihrer Lieblingsdisco abtanzen, ist das auch in Ordnung. Sie sollten sich aber genug Schlaf gönnen, denn sonst sinken die Stimmung und die Leistungskraft schnell in den Keller.

(das sagt mir die Glamour für diese Woche voraus).

Seit einiger Zeit nun habe ich aber etwas viel besseres für mich entdeckt. Der von mir, im wahrsten Sinne des Wortes, heiß geliebte YogiTee. Er versorgt mich nicht nur mit köstlichen Momenten, sondern ist zugleich auch Teilzeit-Ratgeber.
Auf jeder Packung gibt es eine Yogaübung (auf der heute gekauften Packung Schoko Aztec Spice wird Gurprasad, eine Übung zur Bewusstwerdung empfohlen) und eine Lebensweisheit (in diesem Falle von dem von mir sehr verehrten George Bernard Shaw). Auch jeder Teebeutel wartet mit einem mehr oder minder klugen Spruch auf, der manchmal ein Lächeln auf mein Gesicht zaubern kann, mich andere Tage nachdenklich werden lässt und ab und zu einfach nur profane Glückskekslyrik ist.

Heute sagte mir mein Teebeutelorakel: 'Nimm eine Minute am Tag, um du Selbst zu sein'. Das tue ich nur zu gerne und lehne mich zurück, schlürfe genüsslich Yogi Bhajans Teekreation und lasse Mars und Venus einfach Planeten sein.

Denn eine Minute man Selbst sein zu können oder zu dürfen ist viel mehr Wert als jeder vermeintliche Blick in die Zukunft.

08.06.2009

Mein Karma

And for a minute there, I lost myself, I lost myself

Ich bin mittelmäßig abergläubisch: Ich glaube weder an einen Gott, noch an Vorherbestimmung oder Schicksal. Als Urenkelin der Nihilisten glaube ich zuallererst und verlässlich an mich. Kosmisches Gleichgewicht, ausgleichende Gerechtigkeit - Verbarrikadierungen in der comfort zone um fremdbestimmt zu leben aus Angst vor der Verantwortung für das eigene Leben.

Karma Police I've given all I can It's not enough

Aus der Ereignislosigkeit der letzten Wochen, dem lähmenden Warten auf die Note meiner Magisterarbeit, wurde ich vor einigen Tagen befreit. Und neben der Freude es endlich geschafft zu haben, wuchs in mir eine Unsicherheit, ein komisches, flaues Gefühl.

Nun hat Bauchgefühl nichts mit Schicksal zu tun, aber ich kam nicht umhin mich zu fragen, welche Konsequenzen das überraschende gute Ende meines Studiums nach sich ziehen würden.

Die Antwort, so erscheint es mir, verfolgt mich seitdem. Nun bin ich nicht größenwahnsinnig und denke, es ist so scheußliches Wetter, weil ich eine gute Note bekommen habe. Aber es sammelt sich, und wenn ich denke, 'Das ist schön' oder 'Ich bin glücklich' dauert es nicht lange und eine Gehirn-Fuß-Lähmung, ein tiefes Loch auf einem dunklen, nassen Parkplatz oder ein vergessener Schlüssel kommen daher und erinnern mich daran:

This is what you get when you mess with us

28.05.2009

Meine Wahl

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Neues betrachtet er skeptisch, nur zu gerne bleibt er auf ausgetretenen Pfaden und vermeidet Risiken, die Unbekanntes potentiell darstellen. Das ist zwar traurig, aber nur zu oft auch wahr.
Abwehrend verweist man habituelles Verhalten ans Alter, da einem der mit ihm assoziierte Opportunismus wie ein Verrat an den Ideen und Idealen der Jugend vorkommt (wobei es natürlich ein Paradoxon ist, die Anti-Haltung als Individualismus zu verstehen).
Auch ich bin in der Gewohnheitsfalle gelandet - und habe den Ausbruch gewagt.
Mein unmerklicher Verfall ins Bequeme vollzog sich bei Wahlen. Ich bin begeisterter Wähler und habe, seitdem ich vor zehn Jahren zum ersten Mal meine Stimme bei Europawahlen abgeben konnte, keine Wahl verpasst und genoss jedes Mal meine ausgeübte Volkssouveränität.
Seitdem ich von meinem Stimmrecht Gebrauch machte war meine Wahl immer eindeutig. Ich habe bis dato immer einer Partei die Treue gehalten. Anfangs weil ihr Programm die einzig wählbare Option für mich darstellte, später weil es eine schöne Gewohnheit geworden war, mein Kreuz immer an der gleichen Stelle zu setzen. Inhalte und Programme wurden unwichtiger, die Macht der Gewohnheit führte meine Hand bei der Stimmabgabe.

Für die anstehenden Europawahlen hab ich mir die Wahlunterlagen per Post schicken lassen. Und zum ersten Mal habe ich mir Zeit genommen, wirklich viel Zeit, alles auf dem Wahlzettel zu lesen und mir Gedanken über meine Wahl zu machen. Schon länger fühlte ich mich bei meiner Standard-Partei nicht mehr 100%ig wohl, musste feststellen, dass unsere Ideen und Vorstellungen nicht mehr kongruent waren und ich aus Bequemlichkeit meine Stimme, meinen Anteil an der Souveränität, leichtfertig vergeben hatte.

Also nahm ich mir die 90cm(!)Wahl-Papier, begann Parteiprogramme nachzulesen, befragte den Wahl-O-Mat und entschied mich dann...für etwas Neues. Ein kleiner Schritt auf unbekannten Pfaden.

15.05.2009

Meine Weisheit des Tages II

"Viele haben ein überhöhtes Beziehungsideal" las ich heute bei Spiegel online. Eine Schlagzeile, die meinem Mantra entspricht: die romantische Liebe und die damit verbundenen Ideale sind eine Erfindung der Romantik und nicht zuletzt des Disney-Konzerns.

Ich plädiere für mehr Realismus in der Utopie!

10.05.2009

Mein Mut zur Intoleranz

Ein Freund schrieb vor kurzem über seine Toleranzgrenze. Das erinnerte mich an ein Kamingespräch, das ich vor einem Jahr führte. Ein mir an Lebenserfahrung weit überlegener Mann erläuterte, warum er nicht tolerant sei. Ihm zufolge müsse jemand, der von sich behauptet tolerant zu sein auch Toleranz gegenüber Nazis und Faschischten, radikalen Islamisten und Christen etc. pp. üben. Dazu sah er sich nicht in der Lage, ergo sei er intolerant.
Mir gefiel dieses Argument und als ich den Blog-Eintrag jenes besagten Freundes las musste ich sofort daran denken, dass es eigentlich unmöglich ist, tolerant zu sein.

Ein wenig Wanken in meine Übezeugung brachte dann die "Erklärung der Prinzipien der Toleranz". War ich viel zu intolerant gegenüber der Toleranz gewesen?
"Toleranz", heißt es dort, "bedeutet Respekt, Akzeptanz und Anerkennung der Kulturen unserer Welt, unserer Ausdrucksformen und Gestaltungsweisen unseres Menschseins in all ihrem Reichtum und ihrer Vielfalt."
Toleranz sei explizit nicht,"das Tolerieren sozialen Unrechts noch die Aufgabe oder Schwächung der eigenen Überzeugungen."

Wie aber soll ich Dinge aktzeptieren, die ich nicht tolerieren kann? Toleranz ist, nach Herbert Marcuse, letztlich nur ein parteiliches, subversives Mittel, ein Selbstzweck, der eine äquivalente Gesellschaft eher verhindert als sie zu befördern.

Das lässt mich wieder felsenfest auf dem Sockel meiner Überzeugung stehen.

22.04.2009

Meine Reminiszenzen

Wenn einen der Blick in die Zukunft ratlos und verängstigt zurücklässt, schweift man lieber in die Vergangenheit um dort etwas zu finden, was den Weg weisen kann.
Mein Blick in die Vergangenheit: nicht zielgerichtet, sondern im Vorbeigehen geschweift.
Was ich fand?

Ersten: Dr. Pepper. Das war das Lieblings- und auch einzige Getränk für Gottes Tochter, die Protagonistin eines Buches, das ich als Teenager liebte. Und dann, in Kambodscha, sah ich auf einmal eine Dose dieses damals so mystischen Getränkes. Gekauft, probiert und...köstlich!
Erste Reminiszenz: Zugewinn.

Zweitens: Dubai - Lulu Hypermarket. Nicht nur hat meine Heimatstadt den Spitznamen Lulu, in diesem Supermarkt fand ich eine Reminiszenz die in meine Zukunft weist. Nämlich 'Teen Spirit'. Jenes ominöse Deodorant, nachdem Kurt Cobain (oder in anderen Versionen seine damalige Freundin) roch daraufhin zu 'Smells like Teen Spirit' inspiriert wurde. Zu finden auf 'Nevermind', meiner ersten richtigen CD im Sinne von 'Das ist Musik, das ist Protest - keine hirnloses DumDamDam und Bämbämbäm'. Das war 1995 und meine erste Liebe wurde zu meiner großen Liebe, ohne dass ich, 12jährig, davon etwas ahnte.
Natürlich kaufte ich mir 'Teen Spirit - Berry Blossom'. Und jeden Morgen, wenn ich ratlos in den Spiegel schaue, fällt mein Blick auf den Stick und erinnert mich daran, was ich seit damals so bedingungslos wie fast nichts anderes liebe: Musik.
Zweite Reminiszenz: Vergangenheit mit Zukunft.

Drittens: Simpsons. Ja, es ist nicht originell die Simpsons zu mögen, sie zu verehren und ihre immense Bedeutung für die (Pop)Kultur zu betonen.
Für mich sind sie aber darüberhinaus noch viel mehr: seit Jahren liebe ich die Doppelfolge am frühen Abend, obwohl ich mittlerweile jede Episode mindestens schon drei mal gesehen habe. Die Simpsons waren auch die erste westliche Serie, an die ich mich bewusst erinnere. Im September 1991, der Fall der Mauer war noch keine zwei Jahre her, liefen die fünf Gelblinge zum ersten Mal durch das ZDF-Programm, und obwohl ich bestimmt nicht die erste Episode gesehen habe, kann es nicht sehr lange gedauert haben, bis ich sie entdeckte, wahrscheinlich aus purem Zufall, denn es herrschten strenge Fernsehvorschriften in meiner Familie.
Seitdem habe ich gelernt den Satz an der Tafel zu lesen (und zu verstehen), habe die Anspielungen nach und nach gefunden und begriffen und liebe den Couch-Gag wie beim ersten Mal.
Seit Jahren immer das selbe Spiel: Bart in der Schule, Homer im Kernkraftwerk, Lisa im Orchester, Marge und Maggie beim Einkaufen - alle auf dem Weg nach Hause, zur Couch. Unzählige Male hatte ich diese Routine gesehen. Und dann das: Seit Folge 20x10 'Take My Life, Please' gab es einen neuen Vorspann. Ich dachte erst, das sei nur temporär, so wie es die opening sequence auch schon mit echten Menschen oder an Feiertage angepasst gab. Aber das war und ist es nicht - die Simpsons haben nach 20 Jahren einen neuen Vorspann.
Dritte Reminiszenz: D'oh!

15.04.2009

Mein Reisefieber

Nun bin ich also wieder zu Hause angekommen - fast zehn Wochen war ich unterwegs. Zwischendurch kehrte ich zwar für 14 Tage ins kalte Lüneburg zurück, aber das war nur ein kleiner, notwendiger Zwischenstopp, um endlich mein Studium abzuschließen.
Dann wurde der Rucksack wieder gepackt und es ging in die Weiten der Welt: nach Rom. Zur Sonne, zu Giolitti, nach Trastevere - und zu einem Erdbeben.

Bevor das terremoto mich und meine Familie aus dem Schlaf riss (außer meine Cousine - die allerdings auch kurz vor ihrer Medizin-Examensprüfung steht und dementsprechend auch in einer ganz anderen Welt lebt, in der ein Erdstoss nicht ausreicht, um den wertvollen Schlaf zu unterbrechen) manifestierten sich zwei Gedanken: 1.) ich brauche nur Sonne und guten Café und jeder Ort der Welt ist schön 2.) am schönsten ist es, dort die Hälfte der Zeit alleine zu verbringen.

Besonders die zweite Einsicht beschäftigt mich nachhaltig. Mich haben 6 1/2 Jahre alleine leben zu einem größeren Sozialphobiker werden lassen, als bisher angenommen. Jede Gruppe, größer als drei Personen, ertrage ich nur noch für einen begrenzten Zeitraum. Maximal drei Tage, noch kürzer, wenn es auch so ausgeprägte Persönlichkeiten sind wie ich.

Ich bin nicht stolz darauf, aber der erste Schritt zur Besserung ist ja bekanntlich die Einsicht.

Und was ist die beste Therapie? Ab unter Menschen natürlich. Und damit kommen wir wieder zum Anfang - zu meinem Reise- und Sonnenfieber.
Es kribbelt in mir; stetig und an Intensität zunehmend. Ich will nicht hier bleiben, ich will wieder in die Welt und sehen, was ich noch nicht gesehen habe. Essen, was ich noch nie geschmeckt habe. Und vor allem will ich wieder gelassener sein. Denn, sei es die Sonne, sei es das Fehlen von grimmigen, überernsten Deutschen - während meiner Zeit in Kambodscha und Thailand war meine Sozialphobie weniger ausgeprägt, war mein Gesicht fast immer von einem stillen, glücklichen Lächeln beseelt und ich war zufrieden, mit dem, was ich hatte. Vor allem merkte ich dort, dass ich vieles, was ich vorher als absolut lebensnotwendig erachtet hatte, gar nicht brauche; dass der ganze angesammelte Besitz zu keinem Zeitpunkt vermisst wurde, sondern die knapp zwölf Kilo Gepäck, die ich mitgenommen hatte, völlig ausreichten.

Vielleicht wird es Zeit für ein paar ernsthafte Veränderungen. Und die Zeit und Umstände passen.
Morgen werd ich mir einen großen Sack nehmen und anfangen, mich von meinem alten Leben Stück für Stück zu verabschieden.
Manchmal muss man eben doch in die Ferne schweifen um sich selbst zu finden.

11.03.2009

Von Gegensätzen

Der vierte Bangkok-Besuch war wie erwartet; nämlich völlig anders als die Male zuvor. Mag es daran gelegen haben, dass ich, mittlerweile ziemlich braun, einfach nicht mehr so sehr über den Tisch gezogen wurde oder mir endlich eine halbwegs sichere Orientierung möglich was - es lässt sich nicht genau sagen. Der letzte Besuch in dieser Mega-Stadt war den Einkäufen vorbehalten (gut, und ein wenig Sightseeing).
So fuhr ich zum unglaublichen Chatuchak-Wochenendmarkt, der nicht nur mit seiner puren Größe (Fläche: 1,13 Quadratkilometer, auf der sich mehr als 10.000 Stände und kleine Ladengeschäften befinden), sondern auch mit dem Angebotenem beeindruckt: es gibt nichts, was es hier nicht gibt. Und in den engen Gassen ist es nicht schwer, die Orientierung zu verlieren.


Zu kaufen gibt es dort alles mögliche und unmögliche. Mehr als einmal verlief ich mich und landete unter anderem auch in der Tierabteilung, in der es nicht nur Zubehör und Produkte für Tiere, sondern die lebenden Exemplare auch gleich mit dazu gab.

Im absoluten Kontrast dazu stand der Besuch der Shopping-Center rund um den Siam-Square. Und man sollte jetzt nicht den Fehler machen und in europäischen Dimensionen denken (etwa an das scheußliche Alexa in Berlin). Diese Mega-Center sind so riesig, dass man auch hier, ähnlich wie auf dem Chatuchak-Markt, die Orientierung sehr leicht verlieren kann und mindestens 2-3 Tage brauchen würde, um alles gesehen zu haben. Aber im Gegensatz zum "puren" Leben in den engen, heißen Gassen des Chatuchak-Marktes, glänzt hier alles und ist so künstlich, wie man es von zu Hause gewohnt ist. Wobei es einem nach fast sechs Wochen in Asien wie ein Wunderland vorkommt.
Passend dazu wurde der 50. Geburtstag von Barbie auf Ebene 3 im Siam-Centre begangen: So viel rosa, so viele erwachsene Menschen in rosa - das kann nicht richtig sein.

Kurioser Weise waren viele der Models, die durch die Barbie-Jahrzehnte mit einer Modenschau führten, auf ihren 10cm Absatz-Schuhen genauso groß wie ich in FlipFlops.

04.03.2009

Von Paradiesen

Endlich raus aus der Stadt, rein in die Natur. Seit nunmehr fast einer Woche befinde ich mich im Paradies: zuerst im Khao Sok National Park, seit 2 1/2 Tagen auf Ko Phangan am Ban Tai-Beach.
Was soll man sagen: es ist einfach wunderschön hier. Und, dank der Wirtschaftskrise, auch recht leer, wie mir Langzeit-Thailandurlauber immer wieder versichern. Von der Stille in Khao Sok und den leeren Traumstränden in Ban Tai mag ich mich ungern verabschieden, aber die Zeit vergeht wie im Fluge, immer näher rückt der Tag der Heimreise.

Abenteuerliche Klettertouren im Khao Sok National Park; und dann noch der Hinweis auf wilde Elefanten...

Kann es etwas schoeneres geben, als einen einsamen Palmenstrand und ein gutes Buch? Nein!
Am wenigstens Freude bereitet mir aber im Moment der Gedanke, wieder in das stickige Bangkok zurückkehren zu müssen. Aber dort steht noch der Besuch des Chatuchak Wochenendmarktes auf meiner Liste, ein Paradies der anderen Art: für einkaufsfreudige Touristinnen.

26.02.2009

Von Geschmackserlebnissen

Ich hatte mir im Vorfeld einiges fuer den Urlaub vorgenommen. Dazu gehoerte auch der Vorsatz, einen Kochkurs zu besuchen. In Krabi hatte ich nach einem Tag Strand- und Inseltouring genug vom Laissez-faire und buchte einen Nachmittagskurs bei Ya. Angekuendigt wurden 4 Stunden, nach denen jeder Teilnehmer mit den Geheimnissen der Thai-Kueche vertraut sein wuerde.
Ich hatte mich schon den ganzen Tag darauf gefreut und klugerweise auf unnoetige Magenfueller verzichtet. Am Anfang stand das Schneiden, was bei Ya, die mehr als liebenswuerdig war, immer nur 'smash smash' und 'bang bang' hiess und auch fast nur daraus bestand. Dann gings an die Pfannen und jeder kochte so vor sich hin, und obwohl wir alles das gleiche zubereiteten schmeckte es bei jedem anders.

Als erstes wurde Currypaste gemacht, dann gings an einen Touri-Klassiker (und mein Hauptnahrungsmittel bis jetzt): Pad Thai - gebratene Reisnudeln mit Tofu und ein paar Sprossen. Hoert sich unspektakulaer an, ist aber so was von lecker. Und da machte ich auch schon den ersten Fehler und ass, so begeistert von meinem ersten sebstgemachten Pad Thai, fast alles auf.

Auch wenn es simpel aussieht, es schmeckt einfach zu gut: Pad Thai

Danach ging es Schlag auf Schlag und ich weiss jetzt schon nicht mehr, was es alles war, was wir dort machten. Es roch aber so fantastisch und schmeckte noch besser, dass ich sehr schnell meinen Pad Thai-Fehler bereute.
Am Ende hatten wir zu sechst so viel gekocht, dass davon mindestens 20 Mann satt geworden waeren. Wir wurden es auch, allerdings schaffte ich es nicht mal, alles zu probieren.

Alle, die auch mal nach Krabi bzw. Ao Nang kommen sollten, geht zu Ya (http://www.thaicookeryschool.net/) und lasst euch von ihr in die unglaublich schmackhafte und abwechslungsreiche Thai-Kueche einfuehren.


Ya bei der Arbeit: Erst viel 'smash smash' und 'bang bang', dann ab in den Mixer und fertig ist die Thai-Paste


Das ominoese 'Morning Glory' vor der Zubereitung. Ass es wegen des Namens einmal zum Fruehstueck - nicht unbedingt nachahmenswert, wenn auch ansonsten sehr lecker.


Am Ende wurde alles gegessen - jedenfalls dass, was noch Platz fand.

21.02.2009

Von Einsichten und Ansichten

Seit mehr als drei Wochen bin ich mittlweile unterwegs - Zeit also, um eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen und die Eindruecke zu langsam zu ordnen.
Das erste mal Bangkok war enttaeuschend, das zweite Mal besser und bei meiner heutigen dritten Ankunft sieht die Stadt schon wieder anders aus und langsam finde ich mich auch zurecht (dass heisst ich weiss mittlerweile, wo es ganz anstaendigen Kaffee gibt).
Aber es gibt ja noch mindestens eine vierte Ankunft, dann mehr von Bangkok.

Zu Kambodscha: wie immer liegen Erwartungen und Realitaet nicht so dicht beeinander. Was ich als schoen und aufregend herbeisehnte, war manchmal nicht mehr als durchschnittlich oder einfach nur ein Touristenabzocke. Anderes bleibt dagegen als unvergesslich und unerwartet schoen in Erinnerung. Was auch bleibt sind die Bilder der Menschen, die dem Land erst ein Gesicht geben. Wie sieht das Kambodschas aus? Jung!
Am Anfang fiel es mir gar nicht so sehr auf, aber in diesem Land gibt es so viele Babys, Kleinkinder und Kinder; in den Supermaerkten ist die Babyabteilung so gross wie unser Obst- und Gemuesesortiment (das hier in 90% der Supermaerkte voellig fehlt) und an allen Ecken stolpert man ueber ein kleines Wesen, dass mit irgendetwas, was auf der Strasse liegt, spielt. Dagegen sieht man kaum alte Menschen. Haette ich mitgezaehlt, es waeren in den drei Wochen sicher nicht mehr als 50 geworden. Die Ursachen dafuer sind hinlaenglich bekannt und wieder ins Bewusstsein der Welt geraten, als letzte Woche in Phom Penh der Prozess gegen fuenf hohe Khmer Rouge begann.

Was bleibt noch? Der oftmals unertraegliche Gestank von Muell und privaten 'Muellverbrennungsanlagen' am Strassenrand. Die raubten einem nicht nur den Atem, sondern versetzten einen auch ganz leicht in andere Bewusstseinszustaende. Es ist sowieso unglaublich, wie schaendlich schlecht die Menschen in Kambodscha mit der Natur umzugehen scheinen. Es gibt kaum Muelleimer, alles wird fallengelassen, egal was es ist und wo man ist. Nur vor der eigenen Haustuer wird regelmaessig gekehrt; das ist allerdings reine Sysiphus-Arbeit, denn der Dreck wird einfach zum Nachbarn ruebergefegt, der dann wieder genauso verkehrt. Was so nicht durch die Stadt gefegt wird, wird spontan am Strassenrand verbrannt. Ueberall schwelen kleine Feuer, die den Dreck und Abfall des Tages beseitigen. Man kommt von einer giftigen Rauchschwade in die naechste, zwischendurch kann man noch einen tiefen Atemzug von den kohlrabenschwarzen Abgasen der Lkw, Busse und unzaehligen Motos nehmen. Da heisst es dann nur noch Kramar ueber Mund und Nase und flach atmen.

Wenn man sich davon nicht abschrecken laesst, findet man ein wunderschoenes Land, dass im Moment allerdings unter einer dicken rotbraunen Staubschicht liegt.

18.02.2009

Ohne Worte

Heute nicht viele Worte sondern ein paar Impressionen

Strand Sihanoukville morgens um sieben

Strand Sihanoukville bei Nacht

Am Rande des Bamboo-Trains

BambooTrain

Battambang

Ream Nationalpark





Nationalmuseum Phom Penh

Mein Abendessen gestern: sehr leckeres Chicken-Curry

Blick über Phom Penh

Phom Penh

Königlicher Wartesaal

16.02.2009

Von Wohlfühlmomenten

Zur Motivation zum Schreiben meiner Magisterarbeit hatte ich mir viele viele Massagen in Thailand versprochen. Dieser Ansporn wirkte zwar nur mässig, aber die Voraussetzungen für eine dringend benötigte professionelle Entspannungstherapie schuf ich mir durch zusammengesunkene und verkrümmte Körperhaltung.
In Thailand angekommen brauchte es genau 24 Stunden und ich lag auf der Liege in den Händen einer kleinen Thai-Masseuse. Angesichts der anderen "Patienten" taten mir die dort arbeitenden Frauen richtig leid, denn die Fleischberge, die neben mir lagen hätte nicht mal ich mit meinen grossen europäischen Händen zu fassen gekriegt.
Zum Anfamg gönnte ich mir 30 Minuten Thai-Massage, für 100 Baht, das sind etwas über 2€. Und davon war jeder Cent goldrichtig angelegt. Zum letzten Mal hatte eine Chiropraktiker so gekonnt meinen Rücken eingerenkt. Die kleine Thai-Frau schaffte es mit zwei-drei Drehungen und jeder Wirbel knackte und krachte wieder zurück an seinen Platz. Dann turnte sie noch auf meinem Rücken, Po und Oberschenkeln rum, zog und bog meinen Kopf solange, bis auch er nach ihrer Meinung wieder an der richtigen Stelle sass und liess auch meine Füsse nicht unbearbeitet. Nach gefühlten zwei Stunden Entspannung pur schwebte ich wie ein neuer Mensch zurück ins Hotel.

Zu Vergleichszwecken liess ich mich dann auch noch in Kambodscha massieren. Da ich in diesem Urlaub mein soziales Gewissen entdeckt habe, ging ich zu einer Einrichtung, in der Blinde und Sehbehinderte massierten. Diesmal gab es eine volle Stunde für 5$. Zu Beginn stieg ich in einen lustigen Schlafanzug-ähnlichen Zweiteiler, der mir natürlich viel zu klein war. Dann wurde ich noch gefragt, wie intensiv die Massage sein sollte und ein wenig übermütig verlangte ich eine 'strong massage'. Und genau das kriegte ich dann auch. Himmel, das waren Schmerzen. Der Masseur fand zielsicher alle Verspannungen und Verhärtungen und knetete solange an ihnen herum, bis alles gelöst war. Und wo er alles etwas fand, dass seiner Meinung nach nicht in Ordnung war... Wusste gar nicht, dass ich dort Muskeln besitze. Im Vergleich zur Massage in Bangkok war diese um einiges schmerzhafter aber auch um ein vielfaches effektiver. Danach hatte ich keine Kopfschmerzen mehr, meine Schulter, die schon seit fast einem Jahr bei bestimmten Bewegungen knackte, ist auf einmal ganz ruhig. Und während ich beim ersten Mal noch nach Hause schwebte kroch ich diesmal zwar eher, aber dafür war der Oh-ja-Effekt am nächsten Morgen viel besser, als zuvor in Thailand.

Um die Wohlfühlmomente noch auszuweiten, wird morgen mal eine Fussmassage mit Pediküre ausprobiert. Wäre doch gelacht, wenn ich trotzt meines an Gewichts schon beträchtlich zugenommenen Rucksacks nicht absolut entspannt wieder nach Hause kommen werde.

06.02.2009

Von Atemnöten

Bisher hielt ich Raucher immer fuer ungehobelte Egoisten, die mir mit ihrer Sucht nicht nur die Laune, sondern auch meine Klamotten verderben.
Das war bis heute: angekommen in Battambang habe ich erfahren, was Smog und Feinstaubbelastung wirklich bedeuten. Ueber dieser Stadt liegt ein Dunstschleier, der sich jeder Beschreibung erwehrt. Das Atmen fällt schwer, der Kopf schmerzt, die Augen tränen und selbst die Flucht auf die Hotelterasse auf dem Dach bringt keine Erloesung. Ueberall breiten sich die Abgase aus, sie kriechen in alle Poren und lassen einen Abend in einer Raucherkneipe wie eine Frischluftkur an der Ostsee erscheinen. Es sind nicht nur die TukTuks, die zu diesem extremen Luftverhältnissen beitragen; am schwersten wiegt die Art der Muellbeseitigung: es wird ueberall alles verbrannt. Am Strassenrand lodern kleine Plasteberge und verpesten die Luft so dermassen, dass man sich wuenscht, man hätte eine Atemschutzmaske ins Gepäck getan. Ich dachte ja, mit der Abreise aus Bangkok sei die schlimmste Luft hinter mir geblieben. Mitnichten. Darum bleibt einem nur die Flucht aufs Land, raus aus dem Moloch. In Hoehlen und auf Berge, egal, nur weg.

05.02.2009

Von Weltdörfern, Gesängen und einem Fahrrad

Die erste Woche Asien liegt hinter mir. Mittlerweile bin ich in Kambodscha und die Eindruecke erschlagen einen fast.

Der Strassenverkehr ist abenteuerlich, das ein oder andere mal fuerchtete ich um mein Leben, etwa als unser Taxifahrer Huegel auf der Strasse, die eigentlich das Langsamfahren erzwingen sollen, als Sprungschanzen nutzte. Oder als ich mit dem Fahrrad durch Angkor fuhr und ein Tuk Tuk mir die Vorfahrt nahm (oder ich ihm?) und ich mit einem Fuss schon im Anhaenger stand. Da macht man am besten nur die Augen zu und freut sich, wenn man heil am Ziel angekommen ist. Dazu haben wir das zweifelhafte Glueck, immer sehr zuegige Fahrer zu erwischen...ich bin mittlerweile aufs Fahrrad umgestiegen: der Hintern tut zwar am Abend ziemlich weh, aber es gibt einfach keine bessere Art der Fortbewegung. Und wenn man einfach wie in Berlin faehrt, dann kann man nichts falsch machen.

Auf den Strassen von Angkor begleitet einen auf der Fahrt immer ein stetiger Singsang der Kinder am Wegesrand: hey ladie...wanna cold drink? just one dollaar. pleaze.
So beeindruckend schoen die Tempel von Angkor auch sind, die kleinen Kinder, die einem am Eingang Wasser, Karten, Buecher, Tuecher, Schmuck usw. verkaufen wollen, lassen das schlechte Gewissen nie ruhen. Am liebsten wuerde ich ihnen alles abkaufen, damit sie zur Schule gehen und etwas lernen koennten. Teilweise sind die Kleinen erst 4 Jahre alt, koennen aber schon bis zehn in sechs verschiedenen Sprachen zaehlen und mir die Vorteile einen Shirts aus 100% Baumwolle auf deutsch erklaeren.


Die Gesichter von Bayon

Sonnenuntergang in Angkor I

Sonnenuntergang in Angkor II

Sonnenuntergang in Angkor III


Bayon
Ach ja, und wer wissen will, wo sich Herr Thierse grade aufhaelt: vor zwei Tagen traf ich ihn in Ta Prohm...die Welt ist eben doch ein Dorf.

01.02.2009

Von Demonstrationen

In Bangkok angekommen. Die Hitze erschlaegt einen, selbst Abends um 9 Uhr ist es noch unertraeglich schwuel-warm. Wie gut, dass ich meinen Rucksack nicht tragen musste. Warum? Nun, er beschloss noch ein wenig laenger in Dubai bleiben zu wollen. Mittlerweile ist er aber wieder sicher bei mir angekommen. Die Stadt verwirrt mich sehr. Normalerweise ist mein Orientierungssinn recht ausgepraegt, aber in Bangkok weiss ich nie wo ich bin, noch wie ich da hinkomme, wo ich hin will. Wie gut, dass ich die ersten Tage nur mit ziellosem Umherschlendern verbringe. So lande ich an allen moeglichern und unmoeglichen Ecken, bleibe aber weit weg von den Touristen. Es ist faszinierend: sie scheinen sich nur in zwei Strassen aufzuhalten.
Ich versuche meinen Weg lieber abseits davon zu finden. So landet man dann mitten in einer Kundgebung der Opposition. Laut DW waren es 40.000, die einheimischen Zeitungen schrieben 20.000 Menschen, die gestern erst auf einem Platz, dann durch die grossen Strassen maschierend, gegen die thailaendische Regierung protestierten. Schnell hatte man ein Plakat in die Hand gedrueckt bekommen und war mitten drin und ein Teil der Bewegung. Ich hoffe nur, es gibt keine Beweise...nicht dass man mir im Februar die Einreise verweigert.

30.01.2009

Von Zügen und Flügen


Dieser Post ist meine mobile Premiere: morgens um halb sechs in Dubai, ausgestreckt auf einer roten Liegestuhlreminiszens, zwischen weißgewändigen Scheichen im Kleinformat und übermüdeten Reisenden, wie ich es bin, zeigt mein Handy endlich, was es kann. Nach 20h meiner Reise die erste Erkenntnis. Es ist nichts, wie es sein soll und darum großartig: Bahnstreik, mehrstündige Verspätungen im Flugbetrieb, dafür mit Essen entschädigt, einem fast-einzel Sitzplatz, der ersten Hälfte von 'Dark Knight', noch mehr Essen, einem Promi an Bord und dem Gefühl, mit der Landung in Dubai einen Teil meiner inneren Unruhe, meiner Unzufriedenheit und Haderei im kalten Deutschland gelassen zu haben. Hier sind es 17 Grad. In 3,5 Stunden gehts weiter nach Bangkok. Dort sind es um die 30 Grad.

14.01.2009

Meine Weisheit des Tages

Eigentlich war ich nur auf der Suche nach dem richtigen Wort. Wenn ein Fremdwörterbuch griffbereit liegt stelle ich gerne das Denken ein und blättere es verzückt durch. Vor Jahren habe ich sogar die kleine Duden-Ausgabe von der ersten bis zur letzten Seite gelesen.

Ich benutze sehr gerne Fremdwörter. Und ich benutze sehr viele Fremdwörter. So viele, wie nur möglich. Ich bin ein schein-elitärer, besserwisserischer, studierter Angeber. Das wußte ich jedoch schon.

Neu ist, dass dieses Buch mir mein Leben erklären kann, zumindest zur Hälfte: Zwischen der Nebenfrau eines moslimischen Herrschers (Sighe) und dem Herausdrehen eines erkrankten Nerves (Neurexairese) fand ich die Neckbeziehung oder, auf fremdwörterisch: joking relationship, (engl.-am.) eine Person nicht ausstehen können, sich dieser dennoch hingezogen fühlen.

Misanthrop der ich bin, kann ich die meisten meiner Mitmenschen nicht ausstehen. Mich selbst aber ca. 80 Prozent der Zeit auch nicht. Trotzdem denke ich gerne zuerst an mich und was das Beste für mich sein könnte. Ich fühle mich also schon zu mir selbst hingezogen...ich führe eine joking relationship mit mir!

Mit dieser Weisheit des Tages lässt es sich gut leben, denn in ihr steckt die Erkenntnis, dass noch Hoffnung für die Ich-Mitmensch-Beziehungen besteht. Auch wenn sie nur ein Witz sind...

01.01.2009

Mein Glückwunsch

Zum heutigen 90. Geburtstag von J.D. Salinger einige Erinnerungen aus Catcher in the Rye.

All morons hate it when you call them a moron.

In my mind, I'm probably the biggest sex maniac you ever saw.

Boy, when you're dead, they really fix you up. I hope to hell when I do die somebody has sense enough to just dump me in the river or something. Anything except sticking me in a goddam cemetery. People coming and putting a bunch of flowers on your stomach on Sunday, and all that crap. Who wants flowers when you're dead? Nobody.

It's funny. All you have to do is say something nobody understands and they'll do practically anything you want them to.

I have a feeling that you're riding for some kind of a terrible, terrible fall. But I don't honestly know what kind.... It may be the kind where, at the age of thirty, you sit in some bar hating everybody who comes in looking as if he might have played football in college. Then again, you may pick up just enough education to hate people who say, 'It's a secret between he and I.' Or you may end up in some business office, throwing paper clips at the nearest stenographer. I just don't know.

Among other things, you'll find that you're not the first person who was ever confused and frightened and even sickened by human behavior. You're by no means alone on that score, you'll be excited and stimulated to know. Many, many men have been just as troubled morally and spiritually as you are right now. Happily, some of them kept records of their troubles. You'll learn from them - if you want to.