04.09.2009

Meine jugendliche Weisheit

"Anstatt mir Gedanken über die Situation zu machen, schickte ich Fragen auf Rundreise durch mein Gehirn. Nach einer Stunde hätten sich ganze Fluggesellschaften gegründet."

"Der Mensch ist unfähig lange in Stille und Dunkelheit, alleingelassen mit sich selbst, zu überleben. Irgendwann kehrt jeder in sich selbst ein und ist erschüttert über den Zustand seines Inneren."

...schrieb die Zeitzeugin vor mehr als 7 1/2 Jahren in einem Essay für den Deutsch-Unterricht.

02.09.2009

Mein Klang der Stille

Jeder ist auf der Reise. Sei es zu sich selbst, in den Urlaub oder durchs Leben. Kaum angekommen geht es unbemerkt weiter.

Im Durchschnitt hat ein Deutscher 30 Tage (bezahlten) Urlaub im Jahr. Zeit, in der jeder das tut, was ihr/ihm die vermeintlich größtmögliche Erholung bereitet. Aber auch Zeit um sich und die Welt wieder und weiter zu erkunden, entdecken und erleben.

Ich war dieses Jahr bereits 66 Tage auf Reisen, unbezahlt natürlich. Nach einem Grund gefragt führe ich gerne meine jetzige Übergangssituation zwischen Studium und Berufsleben an, meine lange Liste mit Orten, die ich gerne gesehen habe möchte, sowie die Weltwirtschaftskrise die erstens die Suche nach einer Arbeitsstelle unnötig erschwert und zweitens die europäische Währung so gut dastehen lässt, dass es so günstig wie nie ist in die Ferne zu schweifen.
Soweit zu der extrinsischen Motivation. Über innere Beweggründe berichtete ich bereits.

Naturgemäß fängt man fernab der Heimat an genauer zu beobachten, ist sinnlich empfänglicher. Neue Gerüche, Geschmäcker und Klänge stimulieren und erwecken mich besonders.
Doch während Gerüche schnell wieder verflogen sind und der Geschmack der Ferne, der für eine Weile noch durch Importiertes substituiert werden kann, dann aber zusehends verwässert, bleiben die Geräusche.
Das mag damit zu tun haben, dass ich ein eher akustisch fixierter Mensch bin und gute als auch schlechte Erinnerungen größtenteils mit Musik assoziiere. Daher habe ich natürlich auch immer Musik auf meinen Reisen dabei und die Auswahl für eine Zehntagesreise kann durchaus vierzehn Tage in Anspruch nehmen.
Was ich aber nach meiner Rückkehr aus Island erkannte: mehr als meine Musik genoss ich dort die Stille der Natur. Das Land ist auffällig und unglaublich ruhig. Selbst in der Hauptstadt Reykjavik geht es (zumindest am Tag) vergleichsweise beschaulich vonstatten.
Vor Ort war es mir nicht aufgefallen, aber als ich in Lüneburg ankam, diesem eher kleinen und tendenziell verschlafenem Städtchen, merkte ich, wie rasch ich mich an den Klang der Stille gewöhnt hatte: alles erschien mir unglaublich laut und dadurch auch hektisch. Die Kinder schrien lauter, die Fahrradklingeln läuteten schriller, der Autoverkehr rauschte bedrohlich.

Wie schnell man doch wieder sensibilisiert wird - ich erinnere mich nämlich noch wie himmlisch ruhig, wie ein Balsam für meinen strapazierten Hörnerv, mir die Stadt nach meiner Rückkehr aus New York vorkam.


Für mehr Ruhe für lärmgeplagte Stadtohren und eine (Hör)Reise ins wundervolle Island empfehle ich Ólöf Arnalds und Ólafur Arnalds.

Ólöf bezaubert mit ihrer minimalistisch instrumentierten Musik und einem Gesang, der an Joanna Newsom oder CocoRosie erinnert. "Klara" ist für mich ein Reisebrückenschlag: es erinnert mich an asiatische Gesänge, ist aber gleichzeitig ruhig, weit und fantastisch wie die Landschaft Islands.

download Ólöf Arnalds "Klara" vom 2007er Album "Við og við" auf 12 Tónar. (Ólöfs Album wurde übrigens von Sigur Rós Keyboarder Kjartan Sveinsson produziert)


Ólafur Arnalds verzaubert mit klassischer Schönheit. Die Weite, die er mit seiner fast sinfonisch anmutenden Musik schafft, wirkt wie ein akustisches Foto seiner Heimat. Mit Klavier und Geige schafft er eine märchenhaft schwebende Atmosphäre, in der man sich zurücklehnen kann und fast meint, wieder in urtümlichen Basalt- und Lavalandschaften Islands zu sein, über denen das Aurora borealis sein magisches Licht verbreitet.

download Ólafur Arnalds "Faun" und Ólafur Arnalds "Ljósið". Beides von seinem 2009er Album "Found Songs" auf Erased Tapes.

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