13.09.2010

Meine Hoffnung

Ernüchterung nach 6 1/2 Monaten Vollzeitjob: die Anfangseuphorie ist einer bestenfalls routinierten Alltäglichkeit gewichen.
Hatte ich mir so meine Zukunft, meine Jahre der produktiven Tätigkeit vorgestellt? Mit Sicherheit nein. Um nicht in den bequemen Jammer einzufallen, der den deutschen Universitäten praxisferne Ausbildung vorwarf (den alten Studiengängen im Allgemeinen, den Geisteswissenschaften im Besonderen) verbuche ich meinen Einstieg in die vorgebliche Ernsthaftigkeit des Lebens als das, was es ist: eine Chance Erfahrungen zu sammeln. Über sich selbst, was man kann, was man vielleicht doch lieber nicht machen sollte...

Erschreckend finde ich an mir, wie schnell ich in den Chor der Unzufriedenen eingestimmt habe, wie groß kleine Ego- und Machtgeplänkel auf Arbeit plötzlich in Erzählungen werden.
Immer öfter sagt meine kluge, leider nicht immer sehr prägnante innere Stimme: 'Get some perspective, grrl!' - am Freitag hatte sie Erfolg.
Das lag nicht daran, dass die Tontechniker im Astra Kulturhaus einen schlechten Tag hatten. Der Grund ist ein Mark Oliver Everett, der im weißen Jumpsuit auf der Bühne stand. Eben jener Mensch, über dessen tragische Familiengeschichte schon so viel geschrieben wurde,dass er kurz vor der Stilisierung zum Ödipus der Neuzeit steht.

Bei meinem letzten Eels-Konzert, es muss 2006 oder '07 gewesen sein, entsprach das Ambiente, die Stimmung sowohl bei Besuchern als auch bei den beteiligten Musikern die Schwere, Introvertiertheit und Bedrückung der manchmal unendlichen Traurigkeit der Songs.
Mein Rendezvous mit den Eels im Jahr 2008 fiel sehr kurzfristig aus (Ödipus hatte auch bei mir einmal vorbei geschaut).

Und dann, im frühen Herbst 2010 stand dann diese Lichtgestalt das zauseligen Indierocks, der Macher von Songs voller skurriler, verschrobener aber (fast) immer liebenswerter Helden und Antihelden im ausverkauften Astra Kulturhaus und strahlte. Anfangs noch ruhig und die Verbindung zum Publikum suchend, wurde das Konzert, als der Funke übergesprungen war, mitreißend, ausgelassen und...optimistisch.
Mr. E verging fast vor Liebe zu seiner Band, machte wunderbar knarzige Ansagen und liebte sein Publikum, sein 'Schatzi'.
Nach fast zwei Stunden verließ ich mit einem lang vermissten Hochgefühl das saunaeske Astra mit einer Hoffnung: wenn dieser Mann, der in seinem Leben so viel Leid und Trauer erleben musste, so positiv, so lebensfroh und optimistisch sein kann, dann sollte es für mich doch ein Leichtes sein meiner alltäglichen kleinen Kapitulation dem Leben gegenüber die weiße Fahne zu entreißen.

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